EU Reform
Die EU ist als Zusammenschluss von 27 Mitgliedstaaten keine supranationale Organisation, die für alle Mitgliedstaaten verbindliche Entscheide selbständig treffen kann. Vielmehr ist die EU ein komplexes intergouvernementales Gebilde, welches Entscheide durch Einstimmigkeit der Regierungen aller 27 Mitgliedstaaten fällt. Obwohl genau dieser Umstand, dass nationale Regierungen im Verborgenen Entscheide für das europäische Volk fällen, zum breit diskutierten Demokratiedefizit der EU führt, wird vielfach die EU als das eigentliche Problem wahrgenommen. Um die EU demokratischer zu gestalten, möchten wir unter anderem einige Best Practices aus der Schweiz exportieren und auf die EU anwenden. Die Schweiz als föderaler Bundesstaat mit 26 Kantonen, die breite Kompetenzen und relativ grosse Unabhängigkeit vom Bundesstaat innehaben, hat trotz des weitgehenden Föderalismus in einigen wichtigen Bereichen die alleinige Entscheidungskompetenz. Viele zentrale Punkte der notwendigen EU Reform können also durch die institutionelle Annäherung an das Schweizer Modell gelöst werden. Volt setzt sich dafür ein, dass die Prinzipien, die in der Schweiz gelten und für Stabilität und Zufriedenheit der Bevölkerung sorgen, auch in der EU umgesetzt werden.
Prinzipien unserer Demokratie durchsetzen
Volt unterstützt ein System, in dem der Grossteil der Macht und der Handlungsfähigkeit bei den Vertreter:innen der Bürger:innen ist, sodass diese im Sinne des Gemeinwohls genutzt werden. Prinzipien wie Föderalismus und Subsidiarität, also das Prinzip, die Entscheidungsgewalt möglichst dezentral zu gestalten und die Entscheidungsgewalt auf der tiefstmöglichen Ebene (also lokal vor regional, regional vor national und national vor europäisch) wenn immer sinnvoll festzulegen. Des Weiteren setzt sich Volt für effiziente Institutionen, die zum Beispiel nicht durch einzelne Vetos blockiert werden, und für einen klaren Aufbau der EU, die die Bürger:innen verstehen und mitgestalten können, ein. Volt setzt sich für mehr Bürger:innenbeteiligung und für Institutionen, die diese ermutigen, ein.Legislative Gewalt der EU stärken
Das Europäische Parlament soll durch die einführung des Initiativrechts das können, was jedes nationale Parlament auch kann: Gesetze eigens vorschlagen und auf die politische Agenda bringen. Wir fordern ein Zweikammersystem wie in der Schweiz. In dem das Europäische Parlament, als Kammer des europäischen Volkes, und der Ministerrat (Rat der europäischen Union), als Rat der Stände (hier die Nationalstaaten), zusammen über Gesetze entscheiden. Bei Uneinigkeit der beiden Kammern soll ein Differenzbereinigungsverfahren eingeführt werden. Ganz nach schweizer Vorbild soll der Ministerrat demokratisiert werden, in dem es vom Rat der Regierungsminister zum Rat der direkt vom Volk gewählten Standesvertreter umgewandelt wird. Damit wird die angemessene Vertretung von kleineren Staaten als Gegengewicht zum Bevölkerungsbasierten Europäischen Parlament gewährleistet.Exekutive Gewalt der EU bemächtigen
Die Europäische Kommission ist das Exekutivorgan der EU, mit 27 EU-Kommissar:innen, die von jeweils einem Mitgliedstaat entsendet werden und grundsätzlich nach dem Kollegialitätsprinzip Entscheide fällen. Volt begrüsst grundsätzlich die Idee, die Repräsentation jedes Landes in der EU zu gewährleisten aber sieht dabei nicht die Europäische Kommission in der Verantwortung dafür, da diese nur die gesamteuropäischen Interessen im Sinne haben und als Gremium die Repräsentation für das ganze europäische Volk übernehmen sollte, unabhängig der Herkunft ihrer Kommissar:innen. Der Bundesrat in der Schweiz ist als Exekutivbehörde, die auch im Kollegialitätsprinzip Entscheide fällt, ebenfalls auf eine ausgewogene Repräsentation der Landessprachen, Kantone, Geschlechter und vor allem der Parteien ausgelegt. Allerdings besteht der Bundesrat aus nur sieben Mitgliedern und nicht aus 26, wie die Anzahl der Schweizer Kantone. Aus unserer Sicht sollte die Europäische Kommission, ähnlich wie der Schweizer Bundesrat, weniger Kommissare umfassen und die Repräsentation der Mitgliedstaaten nicht in jedem Kabinett gewährleisten müssen, sondern eine ausgewogene Repräsentation der Mitgliedstaaten über die Zeit erstreben. Die Änderung ermöglicht es zusammengehörige Geschäftsbereiche zu vereinen und somit weg von der Idee der Kommissare, hin zur Idee von Ministern für die EU zu steuern, die jeweils einem Departement bzw. Ministerium vorstehen und weiterhin im Kollegialitätsprinzip arbeiten, wie der Bundesrat in der Schweiz. Des Weiteren unterstützt Volt die Ernennung von Partei- oder Koalitionspräsident:innen für die Europawahlen und schlägt die Wahl der Kommissionspräsidentin bzw. des Kommissionspräsidenten durch das neu gewählte Europaparlament vor.Den Europäischen Rat demokratischer gestalten
Der Europäische Rat, also das Gremium der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der EU, gibt allgemeine Rahmenbedingungen und deren Prioritäten für die EU-Politik vor und setzt notwendige Impulse für die Entwicklung der Union. In der Schweiz kennen wir die informelle Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), die als Meinungsbildungsplattform für die Kantonsregierungen dazu dient, jährliche Schwerpunktthemen der Kantone für den Bund unverbindlich festzulegen. Volt erachtet es als eines der grössten Probleme der EU, dass der Europäische Rat für die EU verbindliche Rahmenbedingungen und Entscheide fällen kann, die auf nationalen Interessen fussen. Wir setzen uns dafür ein, dass der Europäische Rat, wie die Schweizer KdK, nur relativ unverbindliche Entscheide für die EU fällen kann und primär als EU-interne Meinungsbildungsplattform der Nationalstaatsregierungen dient. Somit schaffen wir die dringend nötige Souveränität auf EU Ebene, die auf Schweizer Ebene selbstverständlich ist und hervorragend funktioniert. Zu Themen wie der gemeinsamen Aussenpolitik und der genauen Ausgestaltung des Föderalismus, also der Aufgabenteilung und dessen Vollzug zwischen EU und Mitgliedstaaten, soll der Europäische Rat nur unverbindlich und informell Stellung beziehen können.Das europäische Parteiensystem voranbringen
Als Partei, die die Gleichstellung der Geschlechter ernst nimmt, wollen wir ein europaweites Gesetz einführen, das allen Parteien vorschreibt, alternierende Listen zwischen männlich / divers und weiblich / divers für die Europawahlen aufzustellen. Des Weiteren soll es den Parteien möglich sein, sich europäisch zu organisieren und somit gemeinsam - über Landesgrenzen hinweg - den Wahlkampf betreiben und finanzieren zu können. Um die Nähe der Wählenden zu ihren Europaabgeordneten zu gewährleisten, soll ein Gesetz eingeführt werden, dass lokal gewählte Abgeordnete im Wahlkreis wohnen müssen, indem sie sich zur Wahl stellen. Um das Vertrauen des Volkes an die Vertreter:innen weiter zu fördern, sollen strengere Vorschriften zur Vermeidung von Interessenskonflikten eingeführt werden. So sollen zum Beispiel Mandatsträger:innen frühere und gegenwärtige Einkommensquellen und jede Zugehörigkeit zu oder Beteiligung an Privatunternehmen, Lobbygruppen, politischen Parteien und Verbänden, sei es in bezahlter oder freiwilliger Funktion, offenlegen.Die Europäische Föderale Republik schaffen
Zur Schaffung der Europäischen Föderalen Republik (EFR) sollen die europäischen Volksvertreter:innen des Europaparlaments eine Europäische Verfassung verabschieden, die prägnant, leicht lesbar und für die Bürger:innen verständlich ist. Die Verfassung soll die bestehenden EU-Verträge ersetzen und sich dabei auf die wichtigsten institutionellen Aspekte, wie die Grundrechte und -pflichten der Bürger:innen, sowie die institutionellen Vereinbarungen der EU im Einzelnen, beschränken. Zur Erreichung dieses Ziels soll unter anderem ein zweistufiges Integrationsmodell eingeführt werden. Dieses soll es interessierten Ländern ermöglichen, als Staaten der ersten Integrationsstufe, die Integration politischer Kompetenzen einheitlich voranzutreiben. Gleichzeitig ermöglicht es den restlichen Ländern, sich auf eine einheitliche Integration zweiter Stufe festzulegen, die weniger weitreichende Integrationsschritte fordert. Für einen Austritt aus der EU sollten Regeln eingeführt werden, die sich nach einer breiten öffentlichen Debatte richten und den Austrittsprozess für alle harmonisieren. Das schafft für alle Staaten gleich lange Spiesse und schafft Klarheit über die Konsequenzen eines Austritts. Des Weiteren unterstützt Volt den Ausschuss der Regionen sowie eine neuen Ausschuss der europäischen Städte, die ähnlich wie die KdK in der Schweiz, als beratende Gremien für die EU-Politik und als Plattformen des Dialogs fungieren sollen. Zudem unterstützen diese Gremien den Austausch von Best Practices, die regionale Entwicklung und die nachhaltige Urbanisierung.