Weitergabe von Waffen und Munition an die Ukraine

Seit über einem Jahr tobt der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Während die anderen europäischen Länder der Ukraine sowohl finanziell, als auch mit Waffen- und Munitionslieferungen beistehen, stellt sich die Schweiz unter dem Deckmantel der Neutralität quer; Sie verbietet unseren Nachbarn die Weitergabe von in der Schweiz produzierten Waffen und sorgt so, mal wieder, für Stirnrunzeln. Eine Erlaubnis für die Weitergabe von Schweizer Waffen und Munition wäre das Mindeste.

6. Mär 2023
Nahaufnahme von mehreren Patronen

Dass die Schweiz als neutraler Staat eine blühende Rüstungsindustrie beherbergt, sorgt schon länger für Diskussionen. Im Sommer 2022 wurde das Exportrecht von Kriegsmaterial angepasst, sodass RUAG und Co. künftig keine Waffen mehr an aktive Kriegsparteien verkaufen dürfen. Auch dürfen bereits gekaufte Waffen nicht weitergegeben werden. Solche Auflagen sind natürlich schwer zu überprüfen, wie eine Recherche der SRF Rundschau zeigte: Schweizer Handgranaten seien Jahre zuvor offiziell zu Verteidigungszwecken an die Vereinigten Arabischen Emirate verkauft worden und schlussendlich beim ISIS gelandet. 

Das angepasste Exportrecht ist mittlerweile in Kraft und so lehnt die Schweiz nun alle Anträge von Ländern wie Deutschland, Spanien oder Dänemark ab, Waffen und Munition an die Ukraine weiterzugeben.

“Der Parasit im Herzen Europas”

Im Grunde genommen geht es hier jedoch um viel mehr, als nur um die Export-Anträge. Es geht um die Signalwirkung dieser allgemeinen Verweigerungshaltung und darum, wie die Schweiz ihren Neutralitätsbegriff immer wieder zum eigenen Vorteil umzuschreiben scheint. 

Zuerst wollte die Schweiz keine Sanktionen gegen Russland übernehmen, da sie doch ein neutraler Staat sei. Als sich der Bundesrat dann schlussendlich zur Übernahme der EU-Sanktionen durchgerungen hat, wurden diese nur halbherzig kontrolliert und beispielsweise bei Oligarchengeldern nur ein Bruchteil der effektiven Vermögen eingefroren. 

Auch bei den Hilfszahlungen an die Ukraine zeigte sich die reiche Schweiz eher von der geizigen Seite und liegt im Vergleich mit den restlichen Ländern auf hinteren Rängen. Und nun stellt sie sich anderen Ländern in den Weg, wenn diese die Ukraine mit Waffen und Munition unterstützen wollen.

Bei unseren Nachbarn kommt dieses Verhalten nicht gut an. So finden sowohl die EU, die einzelnen Staaten, als auch die NATO klare Worte: “Enthaltung ist keine Option für die Schweiz”. 

Andere sehen uns mittlerweile sogar als “Ewigen Parasit im Herzen Europas”. Das, weil Europa aktuell solidarisch zusammensteht und unsere gemeinsamen Werte von Frieden und Demokratie, sowie die europäische Wirtschaft und den gemeinsamen Wohlstand verteidigt. Von alledem profitiert die Schweiz nicht erst seit gestern massiv, ohne an der Verteidigung teilhaben zu wollen.

Ein grosser theoretischer Hebel

Ironischerweise könnte die Schweiz, wenn sie denn wollte, grossen Einfluss auf den Krieg nehmen. „Ungefähr 80% des russischen Rohstoffhandels erfolgt über die Schweizer Finanzdienstleistungszentren Genf, Zug, Lugano und Zürich“, so die Schweizerische Botschaft in Moskau im November 2022. Genau dieser Rohstoffhandel, der aktuell die russische Kriegsmaschinerie finanziert.

Auch belaufen sich laut Schätzung der Bankiervereinigung die Vermögen von russischen Kunden:innen bei Schweizer Banken auf über 150 Milliarden Franken. “Immobilien, Beteiligungen an nicht-kotierten Unternehmen, Kunst, Fahrzeuge, Schiffe und weitere Vermögenswerte gelten nicht als finanzielle Vermögenswerte und sind folglich in der Schätzung nicht eingeschlossen.”

Die Schweiz hätte also einen grossen Hebel und könnte Russland den Geldhahn zudrehen, wenn sie denn wollte. Leider bleibt dieser Hebel ein theoretischer, da sich die Schweizer Politik nicht in absehbarer Zeit zur nötigen Transparenz und dem entsprechenden Durchsetzungswillen durchringen können wird.

Zeit, Verantwortung zu übernehmen

Längerfristig muss die Schweiz ihrem humanitären Ruf gerecht werden und endlich Verantwortung übernehmen. Die heuchlerische Auslegung der Neutralität, bei der wir auf der einen Seite Autokraten finanzieren und von Kriegen profitieren, und auf der anderen Seite in genau diesen Kriegen für Frieden appellieren, muss enden. Denn aktuell ist die Schweiz alles andere als neutral; Sie steht auf der Seite des Profits.

Leider wird die Ukraine jedoch jetzt angegriffen und es braucht pragmatische Lösungen. Somit wären wir zurück bei den Waffenlieferungen. Wenn die Schweiz selbst schon nicht wirklich helfen möchte, wäre es das Mindeste, den anderen Ländern nicht im Weg zu stehen. Wir sind klar der Meinung, dass die Schweiz die Weitergabe von Waffen und Munition erlauben sollte.

Quellen:
Schweizer Handgranaten landen in al-Kaidas Händen, SRF Rundschau
Switzerland drags its feet in tracking down Russian oligarchs' assets, Le Monde
Ukraine Support Tracker, Kiel Institut für Weltwirtschaft
Switzerland Becomes Stumbling Block for Western Military Aid to Ukraine, WSJ
Auf die Schweiz kann sich Putin noch immer verlassen, Spiegel
80% der Russen-Rohstoffe über Schweiz, die schaut weg, Inside Paradeplatz
Vermögen von russischen Kunden bei Banken in der Schweiz, Swiss Banking